Bei unseren Recherchen zu einem Balkonkraftwerk, also einer Mini-Solaranlage für den eigenen Balkon, sind wir auf kontroverse Aussagen gestoßen. Zunächst ist der Begriff Kraftwerk überdimensioniert. So schön die Balkon-Photovoltaikanlage auch mit kraftvollen Begriffen beschrieben wird, müssen wir uns doch bewusst sein, dass es sich um eine Mini-Anlage handelt. Dennoch gibt es durchaus sinnvolle Anwendungen, zumal es in einigen Bundesländern Zuschüsse für die Anschaffung gibt. Die kleine Solaranlage funktioniert mit Stecker oder Plug-in.
Blick auf das Balkonkraftwerk
Mieter und Wohnungseigentümer können sich damit ein Stück weit unabhängig von hohen Energiepreisen machen. Der selbst erzeugte Strom kann einfach im Haushalt verbraucht werden. Kleine Photovoltaikanlagen für den Balkon sind zudem deutlich günstiger als große Solaranlagen auf dem Dach.
Bislang störten vor allem bürokratische Hürden, die nun aber nach und nach abgebaut werden sollen. Im Rahmen des neuen Solarpakts I sollen die Regelungen für kleine Photovoltaikanlagen deutlich vereinfach werden. So soll die Anmeldung schlichter werden, sogar rücklaufende Zähler sollen erlaubt sein. Statt den bisher nur erlaubten 600 Watt, werden künftig bis zu 800 Watt Leistung (nur mit Anschluss über Elektrobetrieb) möglich sein. Genau diese Punkte werfen die Nachteile bei der Nutzung auf. Siehe auch: Wie viel Strom produziert eine Photovoltaikanlage?
Schauen wir uns aber zunächst die Vorteile an. Da ist zum einen die wirklich einfache Montage, die wir zumindest bei einigen Produkten vorfinden und die natürlich auch immer ein wenig vom Hersteller abhängt. Wer will, kann die Mini-Photovoltaikanlage (bis 600 Watt) selbst installieren.
Auspacken, montieren, anschließen. Das dauert weniger als eine Stunde. Außerdem kann das Balkonkraftwerk bei einem Umzug einfach mitgenommen werden und geht nicht verloren. Auch auf der Terrasse lässt sich das kleine Kraftwerk aufstellen. Die Kleinkraftwerke sind für den Eigenbedarf und nicht für die Einspeisung ins Stromnetz gedacht.
So funktionieren sie
Die Solarmodule werden mit einem sogenannten Wechselrichter geliefert. Im Paket befinden sich oft Bauteile zur Befestigung, darauf sollte jedoch unbedingt geachtet werden. Bei einigen Herstellern müssen diese separat bestellt werden, was die Anschaffung zu einem teuren Vergnügen machen kann. Ist das Balkonkraftwerk montiert, kann es einfach an den Wechselrichter angeschlossen werden. Dieser ist dafür zuständig den Gleitstrom, der über die Photovoltaikanlage aus dem Sonnenlicht produziert wurde, in Wechselstrom umzuwandeln.
Über ein Kabel nun lässt sich die Mini-Anlage mit einer Steckdose in den eigenen Vier-Räumen verbinden. Alle Geräte, die an das Stromnetz im Haushalt angeschlossen sind, können nun den selbst produzierten Solarstrom nutzen. Die Anmeldung sollte beim Netzbetreiber vor Ort oder beim Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur erfolgen. Die erzielte Leistung lässt sich bei den meisten Anlagen mittels eine App live einsehen.
Die Kosten
Die Kosten variieren von günstig bis teuer. Im Schnitt lassen sich Angebote von 600 bis zu 1.200 Euro finden. Unter Umständen können dazu noch die Kosten für ein separates Befestigungsset kommen. Einige Experten haben berechnet, das ein Haushalt so etwa 10 – 20 Prozent seines Stroms selbst produzieren könnte (gerechnet an einem 2 Personen Haushalt). Die Rechnung bezieht sich auf eine gute Nutzung, als gute und tägliche Sonneneinstrahlung. Grob geschätzt soll so ein Balkonkraftwerk im Jahr zwischen 400 – 570 kWh erzeugen können. Die tatsächliche Leistung ist aber von der Sonne, also auch von der Aufstellung (Himmelsrichtung, Aufstellwinkel) abhängig.
Pro Tag könnten so also zwischen 1,4 – 1,56 kWh erzeugt werden. Im Vergleich dazu der durchschnittliche Stromverbrauch eines 1-Personen-Haushaltes, der ungefähr bei 3,8 kWh liegt. Setzt man diese beiden Zahlen gegenüber, hört sich das Ganze zunächst spannend an. Vergessen werden darf aber nicht, dass die mögliche Erzeugung einfach nur eine Hochrechnung in Best Lage ist, die in Deutschland praktisch kaum jemand erreichen wird, so mal im Herbst und Winter die Sonnentage geringer ausfallen.
Vorteil Mehrwertsteuer
Ab 2023 fällt die Mehrwertsteuer bei der Anschaffung von privaten Mini-PV-Anlagen weg. Die null Prozent Steuer bezieht sich auf PV Anlagen in jeder Größe und für alle Wohngebäude. Damit ist es egal, ob es sich um ein Balkonkraftwerk (bis 600 Watt) oder eine große PV-Anlage für das Dach (bis 30 kWp) handelt. Die Einsparungen liegen damit bei 19 Prozent (sofern die Hersteller ihrerseits nicht die Preise nach oben anpassen). Solar Carports – Vorteile & Nachteile
Die möglichen Nachteile
Es wird bei der Mini- Photovoltaikanlage immer gerne von einem Balkonkraftwerk gesprochen. Das ist natürlich vollkommen übertrieben. Wir sprechen hier von Anlagen, die maximal eine Leistung von 600 bzw. 800 Watt erreichen.
Wann amortisiert sich das Solarpanel?
Die Experten-Hochrechnung lässt auch auf die Amortisationszeit einer solchen Anlage blicken. Für die Amortisationszeit sollten mindestens 10 – 14 Jahre eingerechnet werden. Meistens ist das auch der Zeitpunkt, an dem die Anlage erneuert werden muss. Ohne Zuschüsse wird die Anschaffung schnell zu einem Verlustgeschäft.
Ordnungswidrigkeit droht
Eine Anmeldung der Anlage ist auch nach vereinfachter Regelung erforderlich. Wer dem nicht nachkommt, muss mit einer Strafzahlung rechnen. Nach §95 des Energiewirtschaftsgesetzes ist eine Anmeldung verpflichtend. Wer das missachtet, muss maximal mit einer Strafe bis zu 50.000 Euro rechnen. In der Regel mit einem Ordnungsgeld von ein paar hundert Euro. Die Frage stellt sich, warum bei so einer kleinen, wenig leistungsfähigen, Solaranlage überhaupt eine Anmeldung erfolgen muss.
Pro Haushalt nur eine Mini-PV-Anlage
Das nächste Übel folgt bereits. Aktuell ist nur eine Mini-Anlage mit maximal 600/800 Watt in einem Haushalt erlaubt. Es zählt das Gesamtpaket, bestehend aus Wechselrichter, Solarmodul und den weiteren Bestandteilen. Einige Verkäufer -zum Beispiel auf Amazon- versuchen das zu umgehen, indem sie ein Balkonkraftwerk mit mehreren Modulen anbieten. Zum Beispiel 4 x 410 Watt. Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass es möglich sein muss, die Anlage auf die erlaubten 600/800 Watt zu drosseln!
Brauche ich eine Elektrofachkraft?
Ja und Nein. Wer mehr als 600 Watt installieren will, also die besagten 800 Watt Module, muss einen Elektrofachmann beauftragen und erhöht damit nicht nur deutlich seine Ausgabenliste, sondern muss auch warten, bis jemand einen Termin frei hat.
Welche Geräte könnte ich damit betreiben?
Mit 600 oder 800 Watt lässt sich natürlich kein Gerät unter Volllast betreiben. Eine Waschmaschine benötigt um die 3.000 Watt im Betrieb, ein Staubsauger um die 1.000 – 2.000 Watt. Deswegen werden bei Balkonkraftwerken auch immer die Geräte im Standby-Modus hervorgeholt, da diese nur zwischen 8 – 20 Watt verbrauchen.
Eine gute Versorgung mit einer Mini-PV-Anlage ist also nicht möglich. Allerdings kann die Grundlast aufgefangen werden, was die Stromkosten senkt (wenn wir einmal die hohen Anschaffungskosten aus dem Gedächtnis streichen).
Abhängigkeit vom Energieversorger bleibt bestehen
Ein wenig Unabhängigkeit vom Energieversorger, wer wünscht sich das nicht. Mit einem Balkonkraftwerk gelingt das nur ein wenig bei den Strompreisen. Fällt hingegen der Strom aus, ist auch die Mini-PV Anlage nutzlos. Denn das Kraftwerk braucht über den Wechselrichter Strom. Fällt dieser nun aus, schaltet sich die Mini-PV-Anlage aus.
Eine Alternative bietet sich mit einem Speicher, der über eine unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) verfügt. Dabei wird bei einem Stromausfall auf die Stromversorgung aus dem Speicher umgestellt. Sofern der Ausfall nur wenige Minuten dauert, funktioniert das so gerade. Bei einem längeren Stromausfall geht auch diese Alternative in die Knie. Zugleich steigen mit einem Speicher die Kosten stark an.
Mini-PV Anlage selbst bauen
Wer möchte, kann ein solches Balkonkraftwerk auch selbst bauen und spart dabei unter Umständen ein wenig Geld.
Das wird benötigt:
- Mini-Solar Panel
- Wechselrichter
- Befestigung für Balkon oder Aufsteller
- Stecker (Schuko Stecker oder bei nonkonformen Anlagen Wieland Stecker)
- Steckdose
Förderung ist das A und O
Wer ein Balkonkraftwerk sinnvoll betreiben will, sollte die Mini-PV niemals ohne Zuschüsse kaufen! Eine deutschlandweite Regelung gibt es aber nicht, diese wird wohl auch nicht kommen. Jedoch gibt es einige Bundesländer, die Zuschüsse erteilen. Dabei liegen die Förderungen zwischen 100 bis 800 Euro, die sich aber in einigen Bundesländern auch nach Wohnort deutlich unterscheiden. Energiewende vorantreiben mit Photovoltaik
Beispiel NRW:
- Aachen 300 Euro
- Bönen 100 Euro
- Düsseldorf bis 400 Euro
- Freudenberg 150 Euro
- Köln 200 Euro
In Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern soll es ab Ende Jahr wieder Fördermittel bis zu 200 bzw. 500 Euro geben, diese gelten allerdings fast immer nur für Mieter, nicht für Eigentümer. In Sachsen beträgt die Förderung um die 300 Euro. Vielfach sind die Antragsstellungen digital möglich, wobei ein Video-Ident-Verfahren notwendig (zur Identifizierung) wird. Ein wenig Geduld ist erforderlich. So haben wir uns die digitale Antragstellung in Sachsen einmal näher angesehen. Ausgerechnet zu dieser Zeit (Donnerstag um 09:00 Uhr) war die Seite in Wartung …
Darauf achten:
Der Zuschuss sollte mindestens 200 Euro betragen, damit die Anlage wirtschaftlich lohnt. Ansonsten bleibt sie aufgrund der Anschaffungskosten, Wartung und dem möglichen Elektrofachmann ein Minusgeschäft.
Aber Achtung: Sind die Töpfe für Mini-PV-Anlagen leer, gibt es auch (zunächst) keine Förderung mehr.
Die Nutzungsdauer
Die Nutzungsdauer ist bei Mini-PV-Anlagen umstritten. Hier fehlen noch Vergleichswerte. Hersteller sprechen von etwa 25 Jahren. Im Schnitt sollten Nutzer von einer Zeit um die 15 Jahre ausgehen.
Muss der Vermieter zustimmen
Muss der Vermieter zustimmen, kann dieser unter Umständen sogar das Balkonkraftwerk verbieten? Grundsätzlich eher nein. So urteilte bereits das Amtsgericht Stuttgart (siehe 30.03.2021 – 37 C 2283/20), dass ein Balkonkraftwerk dem Umweltschutz dient und damit über den Interessen des Vermieters steht. Damit sei die Mini Anlage im Zuge der politisch angestrebten Energiewende vertretbar und als Staatsziel in Art. 20a HGG verankert.
Allerdings müssen auch bestimmte Voraussetzungen durch Mieter erfüllt werden:
- Optisch nicht störend
- Baurechtlich zulässig
- Leicht rückbaubar
- Fachmännisch installiert
- Keine erhöhte Brandgefahr
Es wird empfohlen, unbedingt vor Montage mit dem Vermieter Rücksprache zu halten. Eine Haftpflichtversicherung sollte vorhanden sein und für Solaranlagen angepasst werden. Unter Umständen kann es zu höheren Kosten kommen.
Fazit zum Balkonkraftwerk
Eine Mini-PV Anlage macht nur dann Sinn, wenn der Balkon tatsächlich fast täglich von der Sonne eingefasst wird. Ganz wichtig ist natürlich der Zuschuss (der sollte mindestens 200 Euro betragen), ohne diesen rentiert sich das Balkonkraftwerk kaum, auch wenn es wörtlich als ein kraftvolles Gebilde beschrieben wird.
Die Mini-PV-Anlage ist vor allem für Menschen geeignet, die gerne mehr zum Umweltschutz beitragen wollen oder die einfach Spaß an Technik haben. Wer hingegen den Kauf tätigt, um Einsparungen zu erzielen, dürfte am Ende enttäuscht werden.